Covid-Chronicles 20/21 Teil 1

Kleine Triggerwarnung: Die Auswirkungen, die sich rund um die Pandemie und den Globus zeigen, sind fürchterlich, beängstigend, traurig und schwierig. Gerade denjenigen Menschen, die unter besonderenHerausforderungen leiden, seien hiermit meine wärmsten Gedanken ausgesprochen. Die unterschiedlichsten Erlebniswelten und Perspektiven zu verstehen und zu akzeptieren ist wichtig. Die eigenen Erlebnisse und Perspektiven zu teilen kann dabei helfen, genauso wie Humor und ein liebevoller Blick auf die eigenartigen Umgangsversuche mit dieser besonderen Zeit.

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Corona & ich

Ich war definitiv eine Spätzünderin, was Covid anbelangt. Weil „das ist weit weg und kommt hier schon nicht her“. Als es kam, hatte ich dermaßen andere Themen im Privaten, dass mir Corona als kleineres Problem erschien. Ich war geradezu “im Training” was die Bearbeitung von Ängsten, Stress und Belastungen anbelangt. Der interne Bearbeitungsmodus, den viele Bekannte erst nach Monaten aktivieren konnten, lief bei mir schon auf Hochtouren. Die Isolation kam mir nahezu recht.

Laut der indische Ärztin Monika Langeh gibt es in der Corona-Zeit verschiedene Phasen, die Menschen durchlaufen können um an ihr und mit ihr zu lernen…

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Der Post-Covid-Raum. Irgendwann.

Und - haben wir irgendwann dann was gelernt? Wenn ich versuche gedanklich etwas zu bearbeiten, gehe ich wahlweise Laufen, Schlafen, Malen oder Schreiben. Fokussiert den Kopf. Viel zu schnell sind wir ansonsten in dem “new Normal” und haben die Chance verpasst, etwas bewusst aus dem ganzen Schlamassel mitzunehmen.Als Individuen, Gesellschaft, … Wir sind irgendwo angekommen und wissen erstens nicht wie und zweitens auch nicht, ob wir dahin eigentlich wollten oder doch etwas anderes.

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Themen über Themen

Über Krisen- und Pandemie-Management sowie gesellschaftspolitische bzw. demokratische Entwicklungen lässt es sich nach wie vor aufregen und debattieren. Aber was ist mit der ganz persönlichen Entwicklung? Na, schon ma, genauer hingeguckt zwischen remote Work, Toilettenpapierjagd und Impfdiskussionen? Verschiedene erste Metastudien zeigen bereits jetzt, dass in 2020 Stress, Angst und Depressionen bei vielen Menschen zugenommen habe. Homeschooling, Rückschritt der Frauen in alte Rollenmuster und die Zunahme von interfamiliärer Gewalt, Existenzängste, Jobverluste, die drohende Niedergang vieler kultureller Einrichtungen die Lebensqualität teils massiv beeinflusst. Glück scheint oft der oder diejenige zu haben, welche unter keinen Vorerkrankungen leidet, sich in einer stabilen finanziellen Situation und sozialem Umfeld befindet…Zuviele Informationen. Erste Reaktion: Flucht.

Corona-Projekt-Shop

Verständlicherweise sind Inzidenzwerte, RKI, Drosten, Spahn & Co, Querdenker und Quarantäne Symbolwörter für die vielleicht herausforderndste Zeit im bisherigen Leben vieler Menschen. Neben Debattierwahn, Protestaktionismus oder Besserwissertum haben sich in den letzten Monaten unterschiedlichste Coping-Mechanismen etabliert, die erahnen lassen, wie unterschiedlich wir alle versuchen mit der absoluten Unberechenbarkeit und Unplanbarkeit unseres sonst oft so reibungslos funktionierenden Lebens klarzukommen.

In meinem persönlichen Umfeld standen „Corona-Projekte“ hoch im Kurs. Von Streichen, Bauen, Banana-Bread, Online-Fitness-Kursen hin über Visualisierungen zum richtigen Händewaschen und Zoom-Experimenten inkl. Karneval und Geburtstagsfeier.

Verbreitete Corona-Coping-Strategien für ungeübte Pandemiker im Überblick:

  • Stufe 1: Corona-Cocooning. Ich bin gar nicht da. Keiner findet mich. Sie wissen nicht wo ich bin. Es wird funktionieren. Sie finden mich nicht. Alles wird gut. Eremiten-Dasein. Die Welt hat den Pauseknopf gedrückt.

  • Stufe 2: Schleudergang. Wenn die Gedanken dann ungefragt doch etwas zu dramatisch, phantasievoll werden….

  • Stufe 3: Binge-Beaming. Der verzweifelte Versuch, sich aus dem Alltag zu flüchten, bis einem schlecht wird…

  • Stufe 4: Welcome to the Jungle. Wer den Weg ins eigene Innere wagt läuft Gefahr sich zu verirren…

  • (Repeat)

Corona-Stilblüten.
Die Pandemie bringt komische Neuerungen mit sich. Werde mich vermutlich weiterhin auf alle Striche und Abklebungen auf dem Asphalt  stellen und warten, bis ich irgendwo rein darf. Glühwein-to-go. Revival des QR-Codes. Eine neue Beziehung zu Wattestäbchen, meinem Würgreflex und der innenseite der Nasenwand. Neben Notaufnahme-Bildern brennen sich Alltagsszenen sich in das kollektive Bildgedächtnis sein.

Zwischenstand.
Trotz Lockerungen, Urlaub und Essengehen, fühle ich mich wie ein kleiner Corona-Zombie. Obwohl ich dürfte, mache ich viele Sachen nicht mehr. Irgendetwas zapft immernoch die Energie an. 30 von 20 Tagen zu Hause. -4 Freunde getroffen. -6000 Schritte gegangen. Radikale Sehverschlechterung. Waage versteckt. (September 2021 | To be continued)

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